5.8.05

Orakeln à la SPIEGEL ONLINE

SPIEGEL ONLINE versteht das Wort "free" falsch und mokiert sich darüber, dass Wikipedia-Gründer Jimmy Wales "von der schönen kostenlosen Internetwelt" träume.

Unter der Überschrift "Wiki-Orakel - Zehn Dinge, die umsonst sein werden" berichtet SPIEGEL ONLINE von der Frankfurter Wikimania-Konferenz, auf der sich Autoren der Wikipedia und ihrer Geschwisterprojekte treffen. Nicht nur widmet Autor Holger Dambeck die (mit Bedacht so genannte) Wikimedia-Konferenz in eine "Wikipedia-Konferenz" um, sondern er hat auch offensichtlich den Eröffnungsvortrag von Wikipedia-Gründer Jimmy Wales missverstanden:
Auf der Wikipedia-Konferenz in Frankfurt wird er morgen eine Liste von Angeboten vorstellen, die seiner Ansicht nach kostenlos sein werden. [...] "Zehn Dinge, die umsonst sein werden" - so lautet seine Keynote.
Wie auf den Wikimania-Seiten nachzulesen ist, lautet der Titel des Vortrags "Ten Things That Will Be Free" und präsentiert "his views on the future of the free content movement, detailing ten important things which will be free in the next decade." Wer mit dem Konzept "free content" vertraut ist, das sich von freier Software wie GNU und Linux ableitet, weiss allerdings, dass mit "free" nicht "kostenlos", sondern "frei" gemeint ist.

Die Überschrift, der Aufmacher und die (Falsch-)Information der SPIEGEL ONLINE-Meldung beruhen auf einer Fehlübersetzung aus dem Englischen. Diesen Lapsus hätte SPIEGEL ONLINE mit minimaler Eigenrecherche vermeiden können. Schon die Tatsache, dass die Wikimedia Foundation ja auch "Wikibooks" und Wikipedia-CDROMs verkauft, hätte den Autor stutzig machen sollen. Klarheit hätte er sich mit einem recherchierenden Blick in den Wikipedia-Artikel "Free Content" verschaffen können. Darin heißt es unmissverständlich:
The two meanings of the term free are often illustrated with the phrases "free as in beer," which alludes to monetary price or cost but has little to do with freedom, and "free as in speech," which alludes to the widely recognized freedom of speech (see, for example, the First Amendment to the United States Constitution), but which has little to do with monetary price or cost. The usage of "free" in "free content" carries the latter meaning - as in speech - because the emphasis is on everyone's freedom to engage with the content, understand it, modify it, and share it with others only.
Der heise online-Newsticker berichtet von Wales' Vortrag übrigens unter der korrekten Überschrift "Wikipedia-Gründer: Zehn Dinge, die frei sein müssen" und übersetzt Wales' zehn Punkte als Aufruf, "die Enzyklopädie zu befreien", "befreit das Wörterbuch", "Befreit die Ausbildung vom Kindergarten bis zur Universität " usw..

2 Kommentare:

Anonymous Anonym said...

Die Wikipedia lebt davon, daß sie für die Benutzer KOSTENLOS ist. Und genauso so soll das natürlich auch bei den anderen Dingen sein. Geld wird nur durch Spenden oder Verkauf von CDs, T-Shirts etc. verdient.

6/8/05 16:40  
Blogger Moe said...

>sondern er hat auch offensichtlich den Eröffnungsvortrag von Wikipedia-Gründer Jim Wales missverstanden

Naja, dieser Artikel wurde ja offensichtlich geschrieben, bevor Jimmy Wales seine Keynote gehalten hat. Obendrein heisst er Jimmy, nicht Jim oder?
In dem Spiegel-Artikel der nach dem Vortrag geschrieben wurde liest sich das auch schon ein bisschen anders, und es wird deutlicher, dass es um freie Lizenzen geht.

6/8/05 22:49  

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